30.8 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer sind in Deutschland angestellt, davon sind ganze 2.8 Millionen aus dem Ausland. Kaum mehr als die Hälfte stammt aus EU-Ländern (Statistisches Bundesamt, 2015). Gründe für die Einstellung ausländischer Mitarbeiter gibt es zahlreiche – der berüchtigte Fachkräftemangel, (geplante) Expansionen im Ausland, das Schaffen von zusätzlichen Synergien oder auch die Förderung der Vielfalt im eigenen Unternehmen sind dabei die häufigsten. Wer sich jedoch dazu entscheidet im Ausland zu rekrutieren, der muss im Vorfeld so einige Dinge berücksichtigen.
Aufgrund der aktuellen Situation rund um den sogenannten „Brexit“, werden in diesem Zusammenhang besonders viele Fragen neu aufgeworfen.

Was passiert mit den britischen Bürgern, die in Deutschland leben und arbeiten? Ändert sich etwas an der Anerkennung von britischen Abschlüssen in der EU? Wird es für deutsche Unternehmen weiterhin möglich sein, Arbeitnehmer in Großbritannien zu rekrutieren?
Viele Fragen, auf die es noch keine eindeutigen Antworten gibt. Welche Vereinbarungen bestehen bleiben, wegfallen oder einfach nur ersetzt werden, ist noch von den zukünftigen Verhandlungen Großbritanniens und der EU abhängig. Fest steht jedoch, dass politische Entscheidungen jederzeit Einfluss auf die aktuelle Gesetzeslage nehmen können. Welche rechtlichen Regelungen derzeit bestehen und was Sie bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter generell beachten müssen, haben wir für Sie in 5 Schritten kompakt dargestellt.
1. Analyse & Planung
Bevor Sie sich dazu entscheiden, ausländische Mitarbeiter in Ihr Team zu holen, sollten Sie sich darüber im Klaren werden, ob dies für Ihr Unternehmen in der aktuellen Situation überhaupt Sinn macht. Eine sorgfältige Analyse im Vorfeld kann Ihnen zeigen, ob Fachkräfte in gewissen Positionen fehlen, wo Defizite bestehen oder Investitionen sich als gewinnbringend erweisen können.
Welche Arbeitskräfte brauchen Sie? Welche Ressourcen haben Sie? Wo liegen Ihre Prioritäten? Möchten Sie in den nächsten Jahren mit Ihrem Unternehmen wachsen?
Das Ergebnis der Analyse sollte Ihnen nicht nur bei der Entscheidung helfen, sondern auch im weiteren Schritt ein detailliertes Stellenprofil mit sowohl fachlichen, als auch persönlichen Anforderungen herausfiltern, mit dem Sie bei der Suche nach dem richtigen Mitarbeiter schneller zum Ziel kommen. Wenn Sie im Ausland rekrutieren, können länderspezifische Besonderheiten, kulturelle Unterschiede und gegensätzliche Bildungsstandards Ihr Vorhaben um einiges erschweren. Auch die wirtschaftliche Situation und Lage auf dem Arbeitsmarkt nimmt Einfluss auf diesen Prozess. Sobald Sie aber genau wissen, nach wem Sie suchen, fällt es Ihnen auch leichter eine strategische Auswahl im Bezug auf diverse Zielländer zu treffen. Deutsche Unternehmen nehmen beim Rekrutieren von IT-Fachexperten beispielsweise Vorlieb mit osteuropäischen Staaten (z.B. Ukraine) oder auch Russland, da sie in diesem Bereich eine vergleichbar gute Ausbildung genießen, gleichzeitig sich aber die kulturellen Unterschiede in Grenzen halten.
Damit weitere Hindernisse beiseite geräumt werden können, sollten Sie sich Gedanken über bestehende Kontakte und Anlaufstellen im Ausland machen.
Welche Netzwerke haben Sie schon? Haben Sie bereits Arbeitserfahrung in bestimmten Zielländern gesammelt? Kennen Sie Menschen, mit denen Sie sich austauschen oder bei denen Sie sich Weiterempfehlungen einholen können?
Je weniger Recherche Sie tätigen müssen, desto weniger Aufwand und Zeit müssen Sie investieren. Nutzen Sie Potenziale, die Sie schon längst in Ihren Kreisen besitzen. Diese helfen auch dabei, kulturelle und wirtschaftliche Besonderheiten besser zu berücksichtigen. Beziehungen und Verbindungen direkt vor Ort sind besonders wertvoll und sollten weiterhin gepflegt und ausgebaut werden.
Auch wenn eine sorgfältige Analyse und Vorbereitung einiges mehr an Arbeit kostet, ergeben sich daraus dennoch bessere Chancen qualifiziertes und geeignetes Personal zu finden. Ein strukturelles Vorgehen von Beginn an erleichtert alle weiteren Schritten um ein Vielfaches.
2. Visabestimmungen & Arbeitsgenehmigung
Die erste Analyse und Planung ist abgeschlossen: Das HR-Team hat eine genaue Vorstellung von dem, wonach gesucht wird, und konnte bereits eine Auswahl treffen, wo sie diese Talente auch herbekommen. Von hier an muss sich das Personalmanagement einer Menge organisatorischen und rechtlichen Aufgaben und Fragen stellen, die lediglich länderspezifisch und von ihrer Beschäftigung abhängig zu beantworten sind.
Werden die jeweiligen Qualifikationen des potenziellen Arbeitnehmers in Deutschland anerkannt? Ist er im Besitz der rechtlichen Voraussetzungen für den deutschen Arbeitsmarkt? Brauch er ein Visum und eine Arbeitsgenehmigung?
In erster Linie gilt es zu klären, ob der potenzielle Mitarbeiter zur Einreise ein Visum benötigt. Sofern er aus einem Nicht-EU-Land stammt, wird dies im Normalfall nötig sein. Im weiteren Verlauf erfolgt die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt und die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung (für einen längeren Zeitraum). Eine Arbeitsgenehmigung ist immer an einen entsprechenden Aufenthaltstitel gekoppelt und kann auch nur so erlangt werden. Der Weg zur Arbeitsgenehmigung kann je nach Fall auf eine andere Art und Weise erfolgen und hält natürlich einige Sonderfälle parat. Um diesen Zusammenhang ein wenig besser nachvollziehen zu können, möchten wir erst mal die möglichen Aufenthaltstitel mit Ihnen klären.
Die Aufenthaltstitel – Welche gibt es?
› Visum: Beim Visum handelt es sich um einen befristeten Aufenthaltstitel, der vor der Einreise bei der deutschen Botschaft im Herkunftsland beantragt werden kann.
› Aufenthaltserlaubnis: Bei der Aufenthaltserlaubnis handelt es sich ebenfalls um einen befristen Titel, der jedoch grundsätzlich zweckgebunden ist. Beispiele hierfür wären die Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit, der Familiennachzug oder auch humanitäre Gründe.
› Blaue Karte EU: Die Blaue Karte EU erhalten ausländische Nicht-EU Fachkräfte mit akademischen oder vergleichbaren Qualifikationen, deren Mindesteinkommen sich auf ein jährliches Gehalt von 49.600 € (2016) beläuft. Bei Fachkräften aus dem naturwissenschaftlichen, technischen, mathematischen und medizinischen Bereich sowie Informatikern ist ein Mindestgehalt von 38.688 EUR (2016) erforderlich. Damit der Arbeitnehmer sich die „Blue Card“ sicher kann, brauch er ein konkretes Arbeitsplatzangebot.
› Niederlassungserlaubnis: Die Niederlassungserlaubnis ist sowohl zeitlich, als auch räumlich innerhalb von Deutschland unbeschränkt und gibt dem Inhaber die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.
› Daueraufenthalt-EU: Der Daueraufenthalt gibt im Vergleich zur Niederlassungserlaubnis dem Inhaber die Möglichkeit, sich auch innerhalb der Europäischen Union räumlich und zeitlich frei zu bewegen. Dementsprechend erteilt sie ebenfalls eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Drittstaatangehörige erhalten den Daueraufenthalt-EU im Normalfall nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von 5 Jahren in Deutschland.
Faktoren, die diese beeinflussen

Wer nun welchen Aufenthaltstitel beantragen muss, beziehungsweise überhaupt beantragen kann, um folglich eine Arbeitsgenehmigung in Deutschland zu erhalten, ist nicht universal zu beantworten. In diesem Zusammenhang spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die wesentlichen sind vor allem die Staatsbürgerschaft des Mitarbeiters, seine Tätigkeit und das gewünschte Beschäftigungsverhältnis sowie der aktuelle Wohnsitz.
⊗ Staatsbürgerschaft
Je nach Staatsbürgerschaft gelten für ausländische Mitarbeiter unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen, um in Deutschland arbeiten zu können. Grob kann man jedoch drei große Gruppen voneinander abgrenzen.
Case 1: EU + EWR (Island, Norwegen, Liechtenstein) + Schweiz
Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sowie des Europäischen Wirtschaftsraumes genießen die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Aufgrund des Freizügigkeitsabkommen der EU mit der Schweiz, sind diese Bürger dem EWR gleichgestellt. Infolge des uneingeschränkten Zuganges, ist kein Aufenthaltstitel oder eine Arbeitsgenehmigung erforderlich. Da sie somit deutschen Bürgern rechtlich gleichgestellt sind, erfolgt die Einstellung dieser Mitarbeiter ebenfalls auf gleichem Wege. Zur Einreise benötigen sie lediglich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass und sind beim zuständigen Einwohnermeldeamt meldepflichtig.
Case 2: USA, CA, AUS, NZ, Israel, Japan, Republik Korea (Drittstaaten)
Alle anderen Länder, die nicht der EU und dem EWR angehören (und die gleichgestellte Schweiz) werden als Drittstaaten bezeichnet. Staatsbürger dieser Länder brauchen im Regelfall vor ihrer Einreise nach Deutschland ein Visum. Dennoch gibt es hierbei Ausnahmen: So benötigen Bürger aus Kanada, Australien, Neuseeland, Israel, Japan, der Republik Korea und den USA kein Visum im Vorfeld; sie haben die Möglichkeit ohne einzureisen und ihren Aufenthaltstitel im Inland vor Aufnahme ihrer Beschäftigung zu beantragen. Dieser ist dennoch für einen längeren Aufenthalt als drei Monate oder zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendig. Die Bearbeitungsdauer erfolgt in diesen Fällen für gewöhnlich schneller als bei anderen Drittstaaten.
Case 3: Weitere Drittstaaten
Alle weiteren Drittstaaten sind zur Visumsbeantragung vor Einreise verpflichtet und müssen zeitgleich mit längeren Wartezeiten rechnen. In welcher Form er welcher Beschäftigung nachgehen darf, ist im Visum festgesetzt. Grundsätzlich gilt das Visum für 90 Tage; bei Ausübung einer Beschäftigung für einen längeren Zeitraum ist ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit notwendig. Je nach Sachverhalt sind an diesem Prozess mehrere Behörden beteiligt; in vielen Fällen ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit und der Ausländerbehörde erforderlich.
⊗ Tätigkeit & Beschäftigungsverhältnis
Weitere Faktoren, die im Zusammenhang der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung eine Rolle spielen, sind zum einen die Tätigkeit, die der Antragsteller ausübt, und zum anderen das Beschäftigungsverhältnis, welches er anstrebt.
Welchen Beruf übt er aus? Welche Qualifikationen hat er? In welcher Form möchte er eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen? Wie lange möchte er dieser Tätigkeit nachgehen?
All diese Aspekte sind jedoch lediglich für Staatsbürger der Drittstaaten von Bedeutung (Case 2 & Case 3), da Schweizer-, EU- und EWR-Bürger ohnehin die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen.
Den Arbeitsmarktzugang kann ein Arbeitnehmer auf unterschiedliche Arten und Weisen erhalten. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (Bundesagentur für Arbeit) unterscheidet hierbei allen voran drei große Gruppen:
- Versetzung von Fachkräften nach Deutschland
- Vorübergehende Beschäftigungen in Deutschland
- Entsendung eines Mitarbeiters nach Deutschland

Innerhalb dieser Kategorien gibt es einige Fälle, in denen die zusätzliche Zustimmung der Agentur für Arbeit nicht erforderlich ist. Die Einstellung qualifizierter Fachkräfte und ähnlich ausgebildeter Arbeitnehmer erfolgt mittlerweile deutlich einfacher, da die rechtlichen Hürden in den letzten Jahren um einiges gesenkt wurden. Seit 2012 erleichtert die Blaue Karte EU (Blue Card) Akademikern mit anerkannten Hochschulabschlüssen den Zugang um ein Vielfaches. Dies ist vor allem im Falle von „Mangeljobs“ ein großer Vorteil, da hier keine vorherige Vorrangprüfung durchgeführt werden muss. In Deutschland trifft dies insbesondere auf qualifizierte Arbeitnehmer im technischen Bereich zu, wie beispielsweise Ingenieure und IT-Spezialisten. Vereinfachte Regelungen finden ebenfalls bei Führungskräften, leitenden Angestellten, Hochqualifizierten und Fachkräften im Rahmen eines Forschungsteams statt. Absolventen inländischer Hochschulen oder deutscher Auslandsschulen, die einer angemessen Beschäftigung nachgehen, benötigen ebenso keine Zustimmung.
Im Bezug auf vorübergehende Beschäftigungen sind Praktika zu Weiterbildungszwecken (wie beispielsweise im Rahmen eines Studiums), Ferienbeschäftigungen von Studenten ausländischer Hochschulen (Voraussetzung: bis zu 3 Monate & Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit), freiwillige oder gesetzlich geregelte Dienste und Neueinstellungen von Arbeitnehmern mit anerkannten Berufsqualifikationen vom Zulassungsverfahren ausgeschlossen. Entscheidet sich ein Unternehmen ihre Mitarbeiter für einen gewissen Zeitraum nach Deutschland zu entsenden, so ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für Geschäftsreisende, Fachkräfte internationaler Konzerne, betriebliche Weiterbildungen, die staatliche Presse und Fahrpersonal im internationalen Verkehr nicht notwendig. Von dieser Befreiung sind noch einige weitere Berufsgruppen betroffen, grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass eine Entsendung von Mitarbeitern ohne zusätzliche Zustimmung in einem Zeitraum von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Jahres möglich ist.
In allen anderen Fällen ist eine Zustimmung seitens der Bundesagentur für Arbeit notwendig; weitere Details in diesem Zusammenhang sowie Informationen zu weiteren Personengruppen (besondere Berufe, Asylbewerber oder Flüchtlinge) und das konkrete Zustimmungsverfahren können Sie dieser Quelle entnehmen. Ehe ein Verfahren zur Arbeitsmarktzulassung überhaupt erst durchgeführt werden kann, müssen einige generelle Bedingungen erfüllt werden. So darf die Einstellung des ausländischen Mitarbeiters keine negativen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt haben, seine Position darf zum jeweiligen Zeitpunkt von keinem bevorrechtigten Arbeitnehmer (wie beispielsweise ein EU-Bürger) besetzbar sein und es müssen gleichberechtigte Arbeitsbedingungen bestehen.
⊗ Wohnsitz
Auch der aktuelle Wohnsitz kann Einfluss auf das Erlangen einer Arbeitsgenehmigung nehmen. Zwar ist mit Wohnsitz in Deutschland nicht automatisch eine Arbeitserlaubnis gegeben, dennoch gibt es auch hier einige Ausnahmen. Im Falle einer Einreise vor dem 18. Lebensjahr, einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis und bestimmten schulischen Voraussetzungen, ist die Arbeitsaufnahme ohne Zustimmung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung möglich. Beim Nachgehen einer rechtmäßigen versicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 2 Jahren und einem legalen Aufenthaltstitel ist eine weitere Arbeitserlaubnis ebenfalls nicht erforderlich.

Was passiert nun mit Großbritannien?
Die unterschiedlichen Aufenthaltstitel sowie vielzähligen Faktoren, die diese beeinflussen, machen deutlich, dass eine gründliche Recherche und Prüfung der nationalen rechtlichen Voraussetzungen bei der Einstellung von ausländischen Mitarbeitern unabdingbar ist. Wie es nun im Zusammenhang mit dem „Brexit“ weitergeht und welche rechtlichen Bestimmungen auf das Vereinigte Königreich in Zukunft treffen, ist noch schwer einzuordnen. Klar ist jedoch, dass einige Hürden mehr im Prozess der Mitarbeitereinstellung für beide Parteien aufkommen können, sowohl für Großbritannien, als auch die EU-Länder, die im engen wirtschaftlichen Kontakt mit ihnen stehen.