Was ich bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter beachten muss | Teil 2

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Nachdem sowohl die sorgfältige Analyse durchgeführt, als auch die wesentlichen rechtlichen Bestimmungen zum Erhalt einer Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung geklärt wurden, ist das Recruiting-Verfahren bei weitem noch nicht endgültig abgeschlossen. Das HR-Management muss sich im weiteren Verlauf um die entsprechende Schaltung der Stellenausschreibung kümmern, Bewerbungsgespräche durchführen und ist bei erfolgreicher Anstellung auch für das Onboarding, die Einbindung und weitere Förderung des Mitarbeiters zuständig. Auch hier müssen einige Besonderheiten beachtet werden.

3. Stellenausschreibung & Bewerbungsgespräch

Die Stellenausschreibung ist neben den derzeitigen Trends wie beispielsweise die Führung eines Empfehlungsprogrammes und das aktive Talentscouting immer noch einer der grundlegenden Instrumente, um potenzielle Kandidaten auf das eigene Unternehmen und die neu zu besetzenden Positionen aufmerksam zu machen. Um zum einen möglichst viele, zum anderen aber auch genau die richtigen Bewerber zu erreichen und zu einer Kontaktaufnahme zu motivieren, spielt die Qualität der Anzeige eine ausschlaggebende Rolle. Die Wirkung der Ausschreibung wird von vielen unterschiedlichen Faktoren, wie beispielsweise Schreibstil, Layout und inhaltlichen Aspekte, bestimmt. Entscheidet sich ein Unternehmen auch im Ausland zu rekrutieren, stellen sich in diesem Zusammenhang weitere zusätzliche Fragen.

Wie sehen die länderspezifischen Rekrutierungswege aus? Gibt es bei der entsprechenden Bewerbersprache Besonderheiten, die ich berücksichtigen muss? Welche Kanäle eignen sich für die Schaltung der ausgewählten Stellenanzeigen am besten?

Ein detailliertes, ausgefeiltes Stellenprofil kostet zwar mehr Zeit und Arbeit, erhöht aber Ihre Chancen die richtigen Bewerber zu erreichen. Dabei sollten Sie vor allem bei der Beschreibung des Anforderungsprofils der sowohl fachlichen, als auch sozialen Kompetenzen sorgfältig vorgehen. Bedenken Sie dabei immer: Es geht nicht immer nur darum, die größten Talente für sich zu erobern; Sie brauchen auch die Kräfte, die sich mit Ihrer Unternehmenskultur identifizieren können und Ihre Visionen teilen.

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Auch die Vorbereitungszeit und Planung für das Bewerbungsgespräch sollte nicht unterschätzt werden. Nehmen Sie sich im Voraus genug Zeit, um Referenzen noch mal zu prüfen, sich über kulturelle Besonderheiten zu informieren und gegebenenfalls Ihr vorhandenes Netzwerk vor Ort anzuzapfen. Bevorzugen Sie beim Bewerbungsgespräch wenn möglich immer die Face-to-Face-Kommunikation. Da ein direktes Gespräch nur in den seltensten Fällen für Bewerber aus dem Ausland möglich ist, bieten Video-Calls eine gute Alternative. Auf diese Weise erhalten Sie dennoch einen besseren Eindruck von Ihrem Kandidaten als bei einem Telefoninterview.

4. Onboarding & Lohnabrechnung

Der Bewerber wird als gut befunden, erhält seinen Arbeitsvertrag und wird eingestellt. Nachdem alle gesetzlichen Bestimmungen zur Aufenthaltserlaubnis und Arbeitsgenehmigung bereits im Vorfeld geklärt wurden, sollte es an dieser Stelle keine Probleme mehr geben. Etwas komplizierter kann es jedoch werden, wenn es darum geht, einen Mitarbeiter aus dem Ausland vorschriftsgemäß abzurechnen. In diesem Zusammenhang steht HR in der Verantwortung, die mit der Lohnabrechnung verbundenen steuerlichen und (sozial-) versicherungsrechtlichen Fragen zu beantworten und im Weiteren die Anmeldungen bei den jeweiligen Behörden durchzuführen. Auch arbeitsrechtliche Aspekte müssen bei diesem Prozess mitberücksichtigt werden. Ähnlich wie auch bei der Bestimmung des entsprechenden Aufenthaltstitels, beeinflusst die Art des Beschäftigungsverhältnisses und der -dauer in welchem Maße das deutsche Sozialversicherungs-, als auch Steuerrecht eintritt. Die Staatsbürgerschaft des Mitarbeiters spielt dabei meist eine sekundäre Rolle. Wann für wen welche Pflichten anfallen, lässt sich anhand der folgenden Gruppen und Aspekte im Allgemeinen definieren.

⤏ Entsendung eines Mitarbeiters nach Deutschland

Beispielfall: Ein Mitarbeiter eines Automobilherstellers im Ausland wird für kurze beziehungsweise befristete Zeit nach Deutschland entsendet, um das Tochterunternehmen bei einem Projekt zu unterstützen. Die Tätigkeit für das deutsche Tochterunternehmen beschränkt sich lediglich auf die Projektarbeit, sodass das Arbeitsverhältnis zum ausländischen Arbeitgeber bestehen bleibt.

Rechtlich gesehen ist in diesem Fall der Automobilhersteller im Ausland der greifende Arbeitgeber; gleichzeitig wird aber auch das inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, wenn der Mitarbeiter seinen Arbeitslohn durch diese Tochterfirma erhält. Welche Partei letztendlich die Bezahlung übernimmt ist oftmals von dem Interesse der Beschäftigung abhängig, das heißt, für welchen Arbeitgeber die Tätigkeit letztendlich ausgeführt wird. Wird der ausländische Mitarbeiter in das entsandte Unternehmen mehr als drei Monate eingebunden, gilt dieser im Normalfall ebenfalls als wirtschaftlicher Arbeitgeber. Da sowohl die Ausübung der Tätigkeit in Deutschland, als auch in den meisten Fällen die Bezahlung durch das deutsche Unternehmen erfolgt, ist der deutsche Arbeitgeber auch zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet. Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn die Vergütung über den ausländischen Arbeitgeber erfolgt und dieser keine Betriebsstätte in Deutschland besitzt. Beschränkt sich die wie in dem Beispiel angeführte Projektarbeit dann auf eine Anzahl von 183 Tage innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr, so bleibt das Besteuerungsrecht beim ausländischen Unternehmen. In diesem Fall gilt es jedoch die Bedingungen ganz genau im Voraus zu klären, da diese sich je nach Entsendung-Staat und dem damit verbundenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterscheiden können. Das DBA soll dafür sorgen, dass eine parallele Besteuerung in beiden Ländern vermieden wird.

Neben der Lohnsteuerpflicht besteht in Deutschland auch eine Sozialversicherungspflicht, die für ausländische entsendete Mitarbeiter unter Umständen nicht geltend wird. Sind diese für eine im Voraus vertraglich festgelegte begrenzte Zeit in Deutschland tätig und es bestehen keine weiteren rechtlichen Bestimmungen und abweichende Abkommen zwischen den beiden Staaten, könnte dies zum Beispiel der Fall sein; hierfür muss überprüft werden, ob die Entsendung im Sinne einer Einstrahlung nach § 5 des 4. Sozialgesetz­buches (SGB IV) erfolgt ist. Darüber hinaus kann auch der Grund der Beschäftigung beeinflussen, ob Sozialversicherungspflicht besteht.

↦ Befristete Neueinstellung

Ob die Steuer- und Sozialversicherungspflicht bei einer befristeten Neueinstellung für einen ausländischen Mitarbeiter besteht, hängt im Wesentlichen davon ab, wo er seinen festen Wohnsitz bezieht. Diese Entscheidung wird insbesondere durch die in Deutschland ausgeführte Beschäftigungsart, -dauer und deren Umfang beeinflusst.

Case 1: Fester Wohnsitz nur in Deutschland

Beispielfall: Ein Softwareentwickler aus dem Ausland wird für einen längeren Zeitraum bei einem deutschen Automobilhersteller beschäftigt. Dieser bezieht mit Beginn seiner Tätigkeit seinen festen Wohnsitz ebenfalls in Deutschland. Da er sich in diesem Zeitraum nur sehr selten in seiner Heimat aufhält, gibt er den ausländischen Wohnsitz auf.

Mit alleinigem festen Wohnsitz in Deutschland wird der ausländische Mitarbeiter sowohl zur unbeschränkten Steuerpflicht, als auch Sozialversicherungspflicht verpflichtet. Mit Anmeldung seines Wohnsitzes in Deutschland erhält er eine Steuer-ID, die den Zugriff zum elektronischen Lohnsteuerabzug ermöglicht. Gleichzeitig ist auch der inländische Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug für die Vergütung dieses Mitarbeiters verpflichtet. Die Staatsangehörigkeit nimmt keinen Einfluss auf diese Richtlinien.

Case 2: Wohnsitz in Deutschland und Heimatland

Beispielfall: Ein Softwareentwickler aus dem Ausland wird für einen längeren Zeitraum bei einem deutschen Automobilhersteller beschäftigt. Dieser muss jedoch aufgrund seiner Tätigkeit, vertraglichen Rahmenbedingungen oder ähnlichem nur phasenweise bei seinem neuen Arbeitgeber vor Ort sein. Er mietet sich eine Wohnung in Deutschland, in der er sich regelmäßig aufhält, gibt jedoch auch seinen Wohnsitz in der Heimat nicht auf und lebt dort mit seiner Familie.

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Bezieht der ausländische Mitarbeiter seinen Wohnsitz sowohl in seinem Heimatland, als auch in Deutschland, erweist sich die korrekte lohnsteuerliche Behandlung als komplexeres Unterfangen. In diesem Fall ist neben den gewohnten inländischen steuerlichen Regelungen vor allem das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den jeweiligen Ländern zur sauberen Beurteilung zu berücksichtigen. Zwar besteht eine DBA-Vorlage der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), jedoch ist ihre Einhaltung nicht verpflichtend. Da DBAs somit stark voneinander abweichen können, ist eine Prüfung im Voraus unausweichlich. In erster Linie versucht man zu klären, in welchem Land der Hauptwohnsitz besteht. Auch hier ist eine korrekte Einordnung des Lebensmittelpunktes keine leichte Aufgabe; oftmals befindet dieser sich an dem Ort, wo Familie und soziales Umfeld ansässig sind. Bei nicht eindeutiger Zuordnung des Hauptwohnsitzes kann auch die Staatsangehörigkeit Einfluss auf die Beurteilung nehmen. Im Weiteren gilt es zu prüfen, welchem Staat es zusteht, Lohnsteuer einzubeziehen. Theoretisch kann sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch Tätigkeitsstaat Besteuerungsrecht zugesprochen werden. Dennoch besteht in den meisten Fällen aufgrund der ausführenden Tätigkeit und dem festen Wohnsitz auch die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland. Sollten aufgrund des zweiten Wohnsitzes zusätzliche Aufwendungen auf ihn zukommen, so ist es auch möglich, diese in anderen steuerlichen Kontexten zurückzuerstatten.

Case 3: Fester Wohnsitz nur im Heimatland

Beispielfall: Ein Softwareentwickler aus dem Ausland wird für den kurzfristigen Zeitraum von 5 Monaten bei einem deutschen Automobilhersteller beschäftigt. Da sich die Tätigkeit  nur auf einen absehbaren Zeitraum beschränkt und er nicht jeden Tag vor Ort sein muss, behält der ausländische Mitarbeiter seinen Wohnsitz im Heimatland. In Deutschland besucht er für seine Aufenthalte lediglich eine Pension.

Auch hier kann sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugesprochen werden, weshalb das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen miteinbezogen werden muss. Handelt es sich bei der Beschäftigung im deutschen Unternehmen nur um eine kurzfristige Beschäftigung, so kann das Recht des Lohnsteuereinzugs im Inland aufgehoben werden. Jedoch unterliegt die Einordnung einer kurzfristigen Beschäftigung einigen Voraussetzungen. So darf die aufgenommene Tätigkeit die 183 Tage innerhalb eines Jahres nicht überschreiten (die Bestimmung dieser Anzahl kann sich je nach DBA unterscheiden) und die Vergütung nicht von einem deutschen Arbeitgeber gezahlt werden. Andernfalls muss dieser den Lohnsteuerabzug vornehmen. Aufgrund des mangelnden Wohnsitzes ist der ausländische Mitarbeiter nur beschränkt steuerpflichtig; hierzu muss für die genaue Bestimmung das zuständige Finanzamt miteinbezogen werden.

⇨ Versetzung (dauerhafte Entsendung)

Beispielfall: Ein Softwareentwickler aus dem Ausland wird für einen unbefristeten Zeitraum in Deutschland beschäftigt oder von einem ausländischen Unternehmen dauerhaft nach Deutschland versetzt. Dieser begründet seinen Hauptwohnsitz in Deutschland und ist dementsprechend auch hier ansässig.

Bei einer dauerhaften Entsendung, die mit dem festen Wohnsitz in Deutschland einhergeht, ist der Mitarbeiter unbeschränkt steuer- und sozialversicherungspflichtig. Diese Form der Entsendung beinhaltet keine zeitliche Begrenzung, so haben Regelungen einer Einstrahlung oder der kurzfristigen Beschäftigung keinen Einfluss auf die Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht. Aufgrund des alleinigen festen Wohnsitzes in Deutschland werden auch keine Doppelbesteuerungsabkommen berücksichtigt.


Zusammenfassung & wichtige Informationen:

Die vielfältigen Fallkombinationen machen deutlich, dass eine fundierte, fachliche Beratung durch einen in Deutschland ansässigen Dienstleister im Vorfeld sehr empfehlenswert ist. Eine korrekte Beurteilung hinsichtlich der Fragen zum Steuer- und Sozialversicherungsrecht benötigt eine umfassende Betrachtung aller einfließenden Aspekte wie die Ansässigkeit, das Beschäftigungsverhältnis und ihre Dauer oder auch ein Doppelbesteuerungsabkommen. Ausländische Arbeitgeber sind zu einer korrekten Berechnung und Abführung der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge an das deutsche Unternehmen verpflichtet, wenn ihre Mitarbeiter aufgrund ihrer Tätigkeit in Deutschland diesen Regelungen unterliegen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist zu beachten, dass auch ausländische Arbeitgeber die deutschen Richtlinien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und Standards (wie beispielsweise das Mindestlohngesetz oder die Sofortmeldepflicht) einhalten müssen, wenn ihre Mitarbeiter in Deutschland beschäftigt werden.

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5. Integration & Zukunftsperspektiven

Neben dem Fachwissen hinsichtlich der vielen (steuer-) rechtlichen Aspekte, brauch HR gleichermaßen auch ein interkulturelles Verständnis, um den internationalen Mitarbeitern kompetent und beratend zur Seite stehen zu können. Wer Mitarbeiter im Ausland rekrutiert, möchte diese bei erfolgreicher Zusammenarbeit auch lange halten. In diesem Zusammenhang spielt sowohl eine gelungene Integration innerhalb des Unternehmens, als auch die Unterstützung im alltäglichen Leben eine wichtige Rolle.

Eine offene Willkommenskultur im Unternehmen gilt mit als Grundbaustein, um neuen Mitarbeitern die Integration ins Team zu erleichtern. Vorab sollte geklärt werden, wer als Ansprechpartner und gleichzeitig auch primäre Bezugsperson für den neu eingestellten Mitarbeiter fungiert. So können Unklarheiten beispielsweise hinsichtlich der Arbeitsabläufe oder Regeln zum Sozial- und Arbeitsverhalten von Beginn an vermieden und die Einarbeitung somit erleichtert werden. Ein offenes Gespräch über Zielvereinbarungen und gegebenen Erwartungshaltungen sorgt für mehr Transparenz, die Ihrem Mitarbeiter eine Perspektive auch auf lange Sicht bietet. Interne Kennlernveranstaltungen unterstützen das schnelle Einfinden im Team.

Fernab der neuen Position in Ihrem Unternehmen, muss sich Ihr neuer Mitarbeiter auch mit den vielen Tücken und Problemen des Alltags rumschlagen. Dies kann sich vor allem zum Jobstart als sehr hohe Belastung für diesen erweisen. Sowohl Wohnungssuche, Kontoeröffnung oder auch der Abschluss eines Handyvertrages müssen in den meisten Fällen erledigt werden. Viele Mitarbeiter aus dem Ausland brauchen vor allem bei deutschen Formalitäten, Behördengänge und Versicherungsabschlüsse beratende Unterstützung. Empfehlenswert ist es auch, Möglichkeiten zum berufsbegleitenden Ausbau der Sprachkenntnisse zu schaffen.

Der Einstieg und die Integration ins bestehende Arbeitsumfeld beeinflusst einen Mitarbeiter enorm zu Beginn. Es ist also sehr wichtig, genau in dieser Phase aufmerksam zu sein, eine offene Kommunikation zu führen und die Mitarbeiter herzlich willkommen zu heißen.

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