Das ist ein Gastbeitrag von DearEmployee. Das Unternehmen aus Konstanz hilft Unternehmen dabei, gesunde Arbeitsplätze einzurichten und damit die mentale Gesundheit von Arbeitnehmer:innen zu stärken.
Die mentale Gesundheit der meisten Menschen wurde in den letzten Monaten stark auf die Probe gestellt. Vieles hat sich in den letzten Monaten verändert, u.a. der Arbeitsalltag.
Während einige Unternehmen schon wieder ins Büro zurückkehren, wissen viele Beschäftigte im Homeoffice noch nicht, ob sie ihre Kolleg:innen dieses Jahr überhaupt noch persönlich sehen werden.
Die Sorge vor dem Arbeitsplatzverlust, der unsicheren Zukunft und davor, dass geliebte Personen oder man selbst erkrankt, sind nur einige der Ängste, mit denen die Beschäftigten heute konfrontiert sind. Diese neuen Herausforderungen können bei Beschäftigten zu bisher unbekannten Fehlbelastungen führen.
Corona und die Arbeitswelt
Am 27. Februar 2020 rief der RKI-Präsident Lothar H. Wieler die Bevölkerung dazu auf, im Fall von Symptomen zu Hause zu bleiben. Dann ging alles sehr schnell.
Ab März arbeitete der Großteil der Beschäftigten von zu Hause aus. Und nicht nur der überstürzte Umzug in das oft provisorische Homeoffice machte den Menschen zu schaffen. Bis zum 26. April meldeten deutsche Unternehmen für 10,2 Millionen Menschen Kurzarbeit an – mit Abstand der höchste Wert seit dessen Einführung.

Die Angst vor Ansteckung, die Arbeitsplatzunsicherheit, fehlender sozialer Kontakt und eine rapide Veränderung des Lebensrhythmus sind nur ein Teil der psychischen Belastungen, denen die Beschäftigten zu dieser Zeit ausgesetzt waren und zum Teil auch jetzt noch sind.
Was bedeutet die aktuelle unsichere Wirtschaftslage für Unternehmen und Beschäftigte? Welche Auswirkungen hat das Arbeiten im Homeoffice und andere veränderte Arbeitsbedingungen auf die Psyche der Beschäftigten?
Wie Sie die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz fördern können, lesen Sie an anderer Stelle.
Psychische Folgen der Pandemie
Zu Beginn der Pandemie wurde angenommen, dass die psychische Belastung zumindest in bestimmten Gruppen wie Familien oder vorbelasteten Personen klar steigen wird. DearEmployee, die Workplace Mental Health Plattform, wollte diese Annahme überprüfen und gleichzeitig Arbeitgeber:innen und Beschäftigte in dieser Krisenzeit unterstützen.
Für dieses Vorhaben wurde der kostenlose Kurzfragebogen CoronaCare entwickelt. Der Fragebogen deckt neben der Gesundheit auch die aktuell wichtigsten Arbeitsthemen ab: das Arbeiten im Homeoffice (Erreichbarkeit, flexibles Arbeiten), soziale Isolation und Digitalkompetenz. Anhand der Ergebnisse können Arbeitgeber:innen mit zielgerichteten Maßnahmen Beschäftigte bei den neuen Herausforderungen unterstützen.

Ein erster Blick in die Ergebnisse des Projekts CoronaCare zeigt, dass die durchschnittliche Beanspruchung bei den Beschäftigten nahezu unverändert ist. Unsere Ergebnisse decken sich hier mit denen der PsyGa-Umfrage. Auch hier sind die Beschäftigten im Mittel stabil.
Was bei fortdauernder psychischer Belastung jedoch nicht vergessen werden darf ist, dass sich negative Effekte häufig erst zeitversetzt zeigen.
Nimmt man die Befragungsergebnisse genauer unter die Lupe, zeigen sich zwar Veränderungen im psychischen Wohlbefinden der Beschäftigten – aber lediglich in den Extrembereichen. Vielen Beschäftigten geht es deutlich besser, einigen jedoch auch deutlich schlechter.
So ist die Zahl der Beschäftigten mit kritischer psychischer Beanspruchung von 11% auf 16% gestiegen. In Zeiten, in denen nach dem DAK-Gesundheitsreport 2019 psychische Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage sind, macht ein Anstieg von 5% einen beachtlichen betriebswirtschaftlichen Schaden aus. Arbeitgeber:innen sollten sich darum um die Erwerbsfähigkeit jedes Einzelnen bemühen.
Im Folgenden werden drei Arbeitsbedingungen vorgestellt, die sich durch Corona verändert haben und an denen Unternehmen gezielt ansetzen können, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
1. Arbeitsunterbrechungen
Arbeitsunterbrechungen gehören zu den Top 3 der stärksten Stressoren für die psychische Gesundheit. Diese Position hat Corona zwar nicht geändert, jedoch treten Unterbrechungen bei der Arbeit laut der Befragung seltener auf.
Als Gründe für die Unterbrechungen wurden hierbei am häufigsten die Familie oder andere Personen im Haushalt genannt, anstatt wie sonst üblich die Kolleg:innen. Um Arbeitsunterbrechungen zu vermeiden, hilft das Etablieren einer Kultur des konzentrierten Arbeitens. Führungskräfte sollten hierfür sowohl im Büro als auch im Homeoffice ruhige Stunden für sich und ihr Team organisieren.
Sprechen Sie im Team ab, wie Sie mit Arbeitsunterbrechungen verfahren können, und vereinbaren Sie Zeiten, an denen Sie ungestört ohne Meetings und unterbrechende E-Mails arbeiten können.
2. Austausch im Team
Während die von uns befragten Beschäftigten die meisten Arbeitsbedingungen als positiv während Corona bewerten, haben die Möglichkeiten, sich untereinander auszutauschen signifikant durch Corona abgenommen.
Die Befragten gaben an, dass insbesondere der informelle Austausch fehlt, z.T. wegen fehlender Formate und Regeln. Für Personen, die auch sonst unzureichend sozial eingebunden sind, kann dieser Effekt starke psychische Auswirkungen haben.
Maßnahmen wie „Digitale Coffee Breaks“ können verhindern, dass sich einzelne Beschäftigte sozial isoliert fühlen und bewahren auch im Homeoffice den Teamspirit.
3. Erreichbarkeit
Über die Hälfte aller Befragten gab an, auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar zu sein. Hier ist besonders auffällig, dass dies bei den meisten auf Freiwilligkeit beruht.
Bei Arbeitspsycholog:innen läuten hier die Alarmglocken. Es handelt sich hierbei um eine interessierte Selbstgefährdung. Dies bedeutet, dass Personen freiwillig über ihre Belastungsgrenzen hinaus arbeiten und dabei körperliche und psychische Überlastungssymptome riskieren. Sie gefährden also wissentlich die eigene Gesundheit durch ihre Arbeitshaltung. Ein Beispiel dafür ist neben der ständigen Erreichbarkeit, die Arbeit am Wochenende oder im Urlaub.
Hier ist auch der Betrieb in der Verantwortung, dem gegenzusteuern, z.B. mit technischen Maßnahmen, die Benachrichtigungen auf das Diensthandy im Urlaub oder am Wochenende unterbinden. Außerdem sollte die Unternehmenskultur klar machen, dass Erfolg und Leistung zwar wichtig sind, jedoch nicht um den Preis der Gesundheit der Beschäftigten.
Wie Sie als Unternehmen psychische Erkrankungen in Krisenzeiten reduzieren können
Zunächst ist es wichtig, die psychische Gesundheit aus der Tabuzone herauszuholen. Arbeitgeber:innen gewinnen an Strahlkraft, wenn sie mit Krisen effektiv umgehen und die Fürsorge für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz übernehmen.
Kümmern Sie sich um die Belegschaft und Führungskräfte. Es ist wichtig, genau jetzt für die 16% da zu sein, denen es nicht gut geht. Denn die Folgen psychischer Belastung zeigen sich oft erst nach Monaten, sodass es womöglich nicht bei den 16% bleiben wird.
Kleben Sie also keine Pflaster, sondern reduzieren Sie langfristig die Ursachen mit einem zielgerichteten Gesundheitsmanagement.

So gestalten Sie den gesunden Wandel zurück in den Alltag
Wie es nach Corona im einzelnen Unternehmen weitergeht, kann niemand sagen. Jedes Unternehmen ist anders und somit Pauschalempfehlungen nicht möglich.
Was jedoch jede:r Arbeitgeber:in machen kann, ist, Corona als Chance für einen gesünderen Arbeitsplatz zu sehen. Arbeits- und Gesundheitsschutz haben einen hohen Stellenwert, der auch in Zukunft beibehalten werden sollte.
Arbeitgeber:innen sind gesetzlich dazu verpflichtet, als Teil des Arbeitsschutzes eine regelmäßige Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (PGB) im Unternehmen durchzuführen. Mit dieser systematischen Erfassung von Ursachen für psychische und körperliche Beanspruchung kann ein Unternehmen zielgerichtet Maßnahmen aus der Verhaltens- und Verhältnisprävention umsetzen. Denken Sie hierbei in Prozessen und nicht in Projekten.
Nutzen Sie die in der Krisenzeit gemachten Erfahrungen und fragen Sie sich, an welcher Stelle Sie durch gewohnte Strukturen Halt geben wollen und wo Sie positive Erfahrungen gemacht haben, die Sie beibehalten wollen (z.B. hybrides Arbeiten im Homeoffice). Weitermachen wie zuvor ist selten die richtige Lösung. Es wird ein „New Normal“ geben, dass Sie als Arbeitgeber:in im Sinne der psychischen Gesundheit Ihrer Beschäftigten aktiv mitgestalten können.