Besonders in Zeiten von Personalmangel und steigendem Wettbewerb sind Herausforderungen wie die innere Kündigung ein absolutes Problem für ein Unternehmen. Dieser wirtschaftspsychologische Prozess endet nicht selten mit einem wirklichen Abschied der Fachkraft aus der Firma.
Doch auch die Zwischenschritte der inneren Kündigung sorgen bereits für Herausforderungen. Eine toxische Arbeitsatmosphäre, weniger Produktivität und mangelndes Engagement sind die Folgen. In diesem Artikel erklären wir Ihnen alles über die innere Kündigung sowie Ursachen, Anzeichen und auch Gegenmaßnahmen.
Das ist die innere Kündigung
Die innere Kündigung ist ein Begriff aus der Wirtschaftspsychologie. Anfang der 1980er Jahre tauchte er erstmals als Beobachtung des NS-Ideologen und Verwaltungsrechtlers, Reinhard Höhn, auf. Für ihn war die innere Kündigung der “bewusste Verzicht auf Einsatzbereitschaft im Beruf” (Quelle: Buch “Innere Kündigung: Wenn der Job zur Fassade wird” von Ralf D. Brinkmann & Kurt H. Stapf). Er bemerkte das Phänomen vor allem bei Beamt:innen in Verwaltungsorganisationen eines Staates.
Geht es nach den beiden Buchautoren Brinkmann und Stapf und ihrer 2016 durchgeführten Befragung unter Personaler:innen in Deutschland, hat jede:r vierte Mitarbeiter:in innerlich gekündigt. Die gleiche Umfrage ergab unter Mitarbeiter:innen, die in Deutschland beschäftigt sind, dass sogar 32% betroffen sind. Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup hat eine ähnliche Studie, drei Jahre später, im Jahr 2019 durchgeführt. Diese Zahlen sind viel dramatischer: 3 von 4 Beschäftigten haben die innere Kündigung vollzogen.

Die innere Kündigung ist der Verzicht von Engagement auf der Arbeit – bewusst oder unbewusst – aber immer durch den bzw. die Mitarbeiter:in.
Im Gegensatz zur inneren Kündigung gibt es noch den neueren Trendbegriff “Quiet Quitting”. Hierbei handelt es sich auch um eine Art der stillen Kündigung. Weshalb Personalabteilungen aber keine Angst vor Quiet Quitting haben sollten, verraten wir an anderer Stelle.
Folgen der inneren Kündigung
Wenn Mitarbeiter:innen innerlich kündigen, zieht das erhebliche Folgen nach sich. Zuerst fängt es vermeintlich harmlos an. Ihre Mitarbeiter:innen sind nicht mehr bereit, die “Extrameile” zu gehen. Es kommen keine neuen Impulse, keine Ideen oder Vorschläge. Sie melden sich nicht mehr freiwillig für Projekte.
Der Anfang der innerlichen Kündigung ist also der Dienst nach Vorschrift. Sie sind weniger bereit, zu helfen oder länger zu bleiben, falls ein Projekt dringend fertig werden muss.
Die innere Kündigung steigert sich aber schnell und zieht dann diese Folgen nach sich:
- häufiges Fehlen bei der Arbeit
- regelmäßige und längere Krankheiten und Fehlzeiten
- keine Teilnahme an Teamevents oder Unternehmensveranstaltungen
- kaum noch Teilnahme an Meetings und Besprechungen
Am Ende eines langen Prozesses steht in manchen Fällen die Arbeitsverweigerung. Weitere Folgen sind häufige Kritik oder Beschwerden, was zu angespannten Beziehungen und Konflikten im Team führt. Die innere Kündigung geht immer mit Unmut und Unzufriedenheit einher. Manche Kolleg:innen lassen sich davon anstecken, sodass die innerliche Kündigung auch Gift für eine gute Unternehmenskultur und Arbeitsatmosphäre ist.
Da das Engagement und die Leistungsbereitschaft rapide abnehmen, schadet das natürlich auch dem Unternehmen und der Wirtschaftlichkeit. Bei innerer Kündigung reden wir am Ende nicht mehr über Dienst nach Vorschrift, sondern über Arbeit unter dem vertraglich geregelten Mindestmaß. Das bedeutet, dass Aufgaben nicht mehr geschafft werden und sich stapeln.

Das kann dazu führen, dass Kolleg:innen diese Aufgaben übernehmen müssen und es dadurch zu Mehrarbeit kommt. Die Folgen davon sind wiederum Unzufriedenheit und eventuell der Unternehmenswechsel. Die innere Kündigung bzw. deren Folgen beeinflussen also irgendwann das gesamte Team.
Innere Kündigung erkennen: Das sind die Anzeichen
Die innere Kündigung verläuft in der Regel lautlos. Viele Führungskräfte bemerken deshalb die innerliche Kündigung erst viel zu spät in ihrem Team. Fällt der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin zuerst negativ auf, weil er bzw. sie ständig nörgelt, wird die Person irgendwann leise und wandelt sich sogar zu jemandem, der immer nur noch “ja” sagt.
Die Mitarbeiter:innen, die innerlich gekündigt haben, wollen den Arbeitsplatz in erster Linie behalten und scheuen Konflikte, damit sie eben nicht real bzw. “äußerlich” gekündigt werden. Das ist der Grund, weshalb das deutlichste Anzeichen das Schweigen und das mangelnde Interesse an Arbeitsthemen ist.
Um die innere Kündigung zu erkennen, braucht es gute und vor allem geschulte Führungskräfte. Denn häufige Krankmeldungen können auch auf körperliche oder mentale Probleme hinweisen. Auch Herausforderungen im persönlichen Umfeld wie eine Trennung oder ein Todesfall führen dazu. Im Gegensatz zur inneren Kündigung brauchen Mitarbeiter:innen nach diesen Schicksalschlägen aber nur etwas Zeit und erlangen danach ihr Engagement wieder zurück.

Die innere Kündigung zu erkennen, dauert in der Regel länger. Immerhin entwickelt sie sich über Monate bis Jahre hinweg. Weitere Anzeichen sind:
- Die Person schafft weniger Aufgaben als sonst.
- Sie ist lustlos und nimmt nicht mehr an Aktivitäten teil.
- Sie hat sich vermutlich die ganze Zeit beschwert, Prozesse und Entscheidungen kritisiert und ist nun still.
- War die Person eher extrovertiert, wirkt sie nun schon länger in sich gekehrt und nimmt auch nicht mehr an Unterhaltungen teil.
- War es üblich, gemeinsam Mittag zu essen, kann ein Anzeichen auch das Ausbleiben von diesen Traditionen sein.
- Die Person meldet sich nicht mehr freiwillig zu Projekten und bringt keine Ideen mehr ein.
- Ihr sind viele Themen egal, sie handelt gleichgültig, auch bei Kritik diskutiert die Person nicht mehr, sondern schweigt.
Um eine innere Kündigung zu erkennen, ist es wichtig, die Persönlichkeit der Mitarbeiter:innen zu analysieren. Wir war die Person zu Beginn des Arbeitsverhältnisses? Hat sich das Verhalten komplett umgekehrt? Oder handelt es sich um eine Person, die schon von Anfang an eher ruhiger war?
Regelmäßige Feedback-Gespräche können helfen, die innerliche Kündigung zu erkennen. Auch für diese Gespräche ist es wichtig, dass die Führungskräfte besonders geschult sind. Ist das nicht der Fall, sollte ein HR-Verantwortlicher dabei sein. So lassen sich die ersten Anzeichen der inneren Kündigung abschwächen und eventuell umkehren.
Die Gründe: wenig Perspektive, Wertschätzung oder Gehalt
Eine innere Kündigung ist von Mitarbeiter:in zu Mitarbeiter:in unterschiedlich. Auch die Anzeichen und Ursachen können sich stark unterscheiden.
Häufige Ursachen für eine innere Kündigung sind, dass Mitarbeiter:innen denken, dass sie zu wenig Geld verdienen. Aber auch fehlende Kommunikation oder ein schlechtes Betriebsklima können dazu führen. Oft entsteht die innerliche Kündigung aus Mix aus vielen verschiedenen Faktoren.
Vielleicht hat sich ein:e Mitarbeiter:in etwas anderes unter dem Job vorgestellt, die Aufgaben haben sich plötzlich verändert oder es gab nicht den gewünschten Erfolg oder Beförderung im Job.
Weitere Gründe für die innere Kündigung sind:
- monotone Aufgaben und zu wenig Abwechslung
- kein Entwicklungs- oder Weiterbildungspotenzial
- hoher Leistungsdruck (oft verursacht durch zu hohe Ziele)
- keine oder nur wenig Wertschätzung oder Anerkennung
- viele Konflikte im Team oder mit der Führungskraft
- Ungerechtigkeit (auch Kolleg:innen gegenüber)
- Mobbing oder Diskriminierung
- Arbeit entspricht nicht der eigenen Moral
- Rente steht kurz bevor
Werden Mitarbeiter:innen vielen Veränderungen ausgesetzt, kann das auch zur inneren Kündigung führen. Hier ist es besonders wichtig, dass Sie offen und ehrlich mit den Beschäftigten kommunizieren und sensibel vorgehen – besonders bei Mitarbeiter:innen, die bereits länger im Unternehmen beschäftigt sind.

Vor allem jüngeren Beschäftigten ist Wertschätzung und Feedback wichtig. Wenn hier eine innere Kündigung auftritt, können das einige Gründe sein. Aus diesem Grund brauchen Sie unbedingt eine gute Feedbackkultur sowie einen Prozess, in welchen Abständen Personalgespräche stattfinden.
Diese 6 Gegenmaßnahmen helfen Ihnen im Unternehmen
Die innere Kündigung hat weitreichende Folgen für Ihr Unternehmen – doch Sie können auch Gegenmaßnahmen einleiten, die eine Lösung versprechen.
Überdenken oder prüfen Sie Ihre Benefits. Sind sie wirksam? Werden sie oft genutzt? Helfen sie wirklich den Mitarbeiter:innen? Fragen Sie das entweder in Personalgesprächen oder per anonymer Umfrage ab. Besonders bei größeren Unternehmen passiert es häufig, dass nicht alle Mitarbeiter:innen alle Benefits kennen. Kommunizieren Sie also häufig, welche Vorteile Sie bieten – auch nach dem Onboarding.
Eine Präventivmaßnahme sind Feedbackgespräche. So finden Sie mit etwas Fingerspitzengefühl heraus, wie motiviert Ihre Mitarbeiter:innen sind. Zudem können Sie Unmut und Unzufriedenheit im Keim ersticken, sobald sie eintreten. Legen Sie individuelle Ziele fest, die aber nicht zu hoch gesteckt werden.
Wir empfehlen Ihnen auch regelmäßige anonyme Umfragen innerhalb des Unternehmens. Hier können Sie abfragen, wie die Stimmung im Betrieb ist. Wichtig ist, dass Sie unbedingt auch Worten Taten folgen lassen. Sonst kann eine solche Umfrage auch zu Unzufriedenheit bzw. innerer Kündigung unter den Mitarbeiter:innen führen.
Eine weitere Lösung lautet: Kommunikation. Definieren Sie unbedingt mit den Geschäftsführer:innen, wie offen Sie kommunizieren wollen. Mitarbeiter:innen möchten einbezogen werden. Regelmäßige Updates an Ihre Belegschaft sind ein Muss – auch um den Zusammenhalt zu fördern und den Mitarbeiter:innen zu zeigen, dass Sie ein wichtiger Teil zum Unternehmenserfolg sind.
Aber auch Wertschätzung ist eine wichtige Gegenmaßnahme. Vergessen Sie nicht, Ihre Mitarbeiter:innen regelmäßig zu loben. Beachten Sie dabei, dass Sie keine generellen Komplimente geben, sondern spezifische Aufgaben loben sollten. Feiern Sie Erfolge im Team und erklären Sie, wer mit welcher Aufgabe daran maßgeblich beteiligt war.

Führungskräfte zu schulen, wird immer wichtiger. Sie können eine wirksame Gegenmaßnahme gegen innere Kündigung darstellen und Mitarbeiter:innen motivieren. Weitere Tipps verraten wir Ihnen im Artikel zur Great Resignation und wie Sie eine Kündigungswelle im Unternehmen verhindern.
Fehlt es den Mitarbeiter:innen an Sinn, können Sie beispielsweise einen ehrenamtlichen Tag im Jahr einführen. An diesem Tag erhält Ihre gesamte Belegschaft frei und kann sich ehrenamtlichen Aufgaben widmen. Vielleicht wollen Sie daraus sogar ein Teamevent wachsen lassen und beispielsweise gemeinsam Müll einsammeln. Mit unserer HR-Software HeavenHR 2.0 können Sie individuelle Abwesenheitsarten wie einen solchen Ehrenamtstag erstellen, damit Ihre Mitarbeiter:innen diesen wie Urlaub buchen können.