Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen: Das können Arbeitgeber tun

Der Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen? Gesetzlicher Mindesturlaub, Urlaubsanspruch in Teilzeit und Co.: Es gibt schon genügend Herausforderungen im Themenfeld Urlaub in Unternehmen, aber wenn Mitarbeiter:innen keinen Urlaub nehmen wollen, wird es gefährlich.

Erholung ist nämlich nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch notwendig, wenn es um die körperliche und mentale Gesundheit geht. Was Arbeitgeber:innen tun können, wenn sie vor dem Problem stehen, dass ihre Arbeitnehmer keinen Urlaub nehmen wollen, lesen Sie hier.

Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen: Gesetzlicher Hintergrund

Zuallererst schauen wir uns an, was das Bundesurlaubsgesetz zum Urlaubsanspruch sagt. Generell müssen Arbeitgeber:innen den Mindesturlaub einhalten. Pro Jahr müssen laut Paragraph 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) bei einer 6-Tage-Woche 24 Arbeitstage mindestens für Urlaub genutzt werden. 

Verringern sich die Tage, an denen die Arbeitnehmer:innen arbeiten, reduziert sich dementsprechend auch die Mindestanzahl an Urlaubstagen. Arbeiten die Mitarbeiter:innen bei Ihnen 5 Tage die Woche, müssen Sie mindestens 20 Urlaubstage pro Jahr gewähren. 

Dabei ist es übrigens egal, wie viele Stunden Ihre Mitarbeiter:innen pro Tag arbeiten. Es kommt lediglich auf die Tage an, an denen sie arbeiten.

Auch im BUrlG ist verankert, dass Ihre Arbeitnehmer:innen eine gewisse Anzahl an zusammenhängenden Tagen am Stück Urlaub erhalten müssen. Der Grund: Mitarbeiter:innen sollen sich vollumfänglich erholen können. Auch hier ist es wieder wichtig, wie viele Arbeitstage pro Woche Ihre Mitarbeiter:innen arbeiten. 

Handelt es sich beispielsweise um einen Arbeitnehmer, der 5 Tage die Woche arbeitet, hat er ein Anrecht auf 10 Arbeitstage am Stück Urlaub. Das bedeutet: Er hat 2 Wochen durchgängig frei. 

In der Praxis wird das tatsächlich oft nicht praktiziert. Sprechen Sie sich hierzu am besten mit Ihren Arbeitnehmer:innen ab. Haben sie den Wunsch, zwei Wochen Urlaub am Stück nehmen zu wollen, sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, diese Länge in der Regel zu genehmigen.

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

In der Regel haben Mitarbeiter:innen bis zum Ende des Jahres Zeit, den Jahresurlaub zu nehmen. Ist ihnen das nicht möglich, kann der Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. So steht es in Paragraph 7 Absatz 3 BUrlG.

Danach verfällt der Urlaub grundsätzlich. Handelt es sich jedoch um eine:n Mitarbeiter:in in Mutterschutz oder Elternzeit oder ist sie bzw. er langfristig krank, verlängert sich die Verfallsfrist. Mehr dazu lesen Sie in unserem ausführlichen Artikel zum Thema Urlaubsanspruch.

Der Urlaubsanspruch verlängert sich auf das Folgejahr, wenn es dringende betriebliche Gründe, wie zum Beispiel eine Störung des Betriebsablaufs, gibt.
Der Urlaubsanspruch verlängert sich auf das Folgejahr, wenn es dringende betriebliche Gründe, wie zum Beispiel eine Störung des Betriebsablaufs, gibt. (Quelle: Kzenon / Canva)

Die Verlängerung bis zum 31. März des Folgejahres darf nur eintreten, wenn

  • der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin Gründe hierfür hat oder
  • es dringende betriebliche Gründe gibt, wie zum Beispiel die erhebliche Störung des Betriebsablaufs, eine Krankheitswelle im Unternehmen oder wichtige saisonale Aufträge, die erfüllt werden müssen.

Verfall erst nach Hinweispflicht durch Arbeitgeber

Im Dezember 2022 hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Arbeitgeber:innen ihre Mitarbeiter:innen nun über den Verfall des Urlaubsanspruchs belehren müssen.

Passiert das nicht, verfällt der Urlaub nicht automatisch zum Jahresende. Wichtig ist, dass Sie jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin individuell erklären, wie die Verfallsfristen in Ihrem Unternehmen lauten. Über diese Belehrung ist auch ein Nachweis zu führen. 

Sie müssen Ihre Mitarbeiter:innen auch förmlich dazu auffordern, den Urlaub zu nehmen. Wann Sie das tun, ist nicht geregelt. Sie sollten es aber so zeitig wie möglich kommunizieren.

Bei längerer Krankheit gibt es Besonderheiten, was den Verfall angeht. Hierzu finden Sie ebenfalls Informationen in unserem umfangreichen Artikel zum Thema Urlaub, im Abschnitt “Urlaubsanspruch bei Krankheit”.

Denken Sie auch daran, dass Sie für jeden Resturlaubstag, der ins Folgejahr mitgenommen wird, Rückstellungen aufgrund des Urlaubsentgelts bilden müssen. Das bedeutet, dass der Urlaubsanspruch Ihre Bilanz und den zu versteuernden Gewinn reduziert.

Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen – das können Sie tun

Ihren Mitarbeiter:innen steht also ein Mindestmaß an Urlaub pro Jahr zu. Doch was können Sie tun, wenn ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin partout keinen Urlaub nehmen möchte? 

Auch hier gibt es gesetzliche Grundlagen, die Sie zurate ziehen können. Im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht finden Sie einige Möglichkeiten für Handlungsempfehlungen. Das umfangreiche Buch enthält aktuelle Informationen zu den wichtigsten Normen im Arbeitsrecht. Expert:innen geben hier den aktuellen Meinungsstand wieder.

Ihr Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen? Nutzen Sie zuerst das persönliche Gespräch.
Ihr Arbeitnehmer will keinen Urlaub nehmen? Nutzen Sie zuerst das persönliche Gespräch. (Quelle: VioletaStoimenova / Getty Images)

So sagt das BUrlG, laut Erfurter Kommentar, eindeutig, dass der Anspruch auf Urlaub unverzichtbar und abdingbar ist. Immerhin hat der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten und trägt damit Sorge über das gesundheitliche Wohl während der Arbeitszeit, zum Beispiel durch entsprechenden Versicherungsschutz.

Dementsprechend ist es für Unternehmen auch wichtig, Urlaub zu gewähren – zumindest den gesetzlichen Mindesturlaub. Der muss nämlich – wie das Wort es schon vermuten lässt – mindestens im Jahr genommen werden. Beim zusätzlich von Ihnen gewährten Urlaub ist es in der Regel egal, ob dieser tatsächlich genommen wird.

In einem Fall des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2009 urteilte dies, dass der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet ist, den Arbeitnehmer anzuhören oder seine Urlaubswünsche zu erfragen. Ein zuvor mitgeteilter Urlaubswunsch ist keine Voraussetzung für die zeitliche Festlegung des Urlaubs.

So heißt es weiter:

Die oh­ne ei­nen sol­chen Wunsch des Ar­beit­neh­mers er­folg­te zeit­li­che Fest­le­gung des Ur­laubs durch den Ar­beit­ge­ber ist rechts­wirk­sam, wenn der Ar­beit­neh­mer auf die Erklärung des Ar­beit­ge­bers hin kei­nen an­der­wei­ti­gen Ur­laubs­wunsch äußert.

(vgl. nur Se­nat 23. Ja­nu­ar 2001 – 9 AZR 26/00 – zu I 2 a der Gründe, BA­GE 97, 18)

Das bedeutet, dass Sie Urlaub festlegen dürfen, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaub nehmen will. 

Sollte es einen Betriebsrat in Ihrem Unternehmen geben, empfehlen wir Ihnen, diesen zu kontaktieren und gemeinsam auf den Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin einzuwirken. 

In der Regel ist es ratsam, mit dem Arbeitnehmer, der keinen Urlaub will, zu sprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Ist das nicht möglich, kann ein Anwalt oder eine Anwältin mit Spezialisierung auf Arbeitsrecht hilfreich sein. 

Einige Unternehmen setzen ein Schriftstück auf, in welchem sie den Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin dazu auffordern, den Resturlaub bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu nehmen. Sollte diese Frist dann abgelaufen sein, nehmen sie sich das Recht, den zeitlichen Rahmen des Urlaubs selbst zu bestimmen. Mehr Informationen zum Resturlaub für Arbeitgeber lesen Sie an anderer Stelle bei uns.

Machen Sie der Person klar, dass es zu ernsten gesundheitlichen Folgen kommen kann, wenn er bzw. sie zu lange ohne Urlaub arbeitet. Vor allem psychische Erkrankungen haben ihren Ursprung oft in Überstunden und Mehrarbeit.

Befindet sich der Arbeitnehmer, der keinen Urlaub nehmen will, in einer verantwortungsvollen Position, sind die Folgen sogar noch gravierender. Wer auf Dauer keinen Erholungsurlaub hat, wird immer müder, kann sich schlechter konzentrieren und macht irgendwann Fehler.

Um dem Thema zu entgehen, kann es hilfreich sein, eine Urlaubsplanung von Ihren Mitarbeiter:innen zu verlangen. Was Sie dabei beachten müssen, lesen Sie an anderer Stelle in unserem Blog.

Urlaub stattdessen auszahlen lassen – geht das?

Da der Urlaubsanspruch zur Erholung dient, ist es in der Regel nicht möglich, den Urlaub auszuzahlen. Denn dieses Geld sorgt nicht für die nötige Erholung.

Anders verhält es sich aber, wenn der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin kündigt oder Sie ihm kündigen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses können die restlichen Tage abgegolten und damit ausgezahlt werden. 

Ihre Mitarbeiter:innen können sich in diesem Fall den Urlaub nicht auszahlen lassen.
Ihre Mitarbeiter:innen können sich in diesem Fall den Urlaub nicht auszahlen lassen. (Quelle: 22737298 / Pixabay)

Arbeitnehmer kommt trotz Urlaub zur Arbeit

Haben Sie es mit einem besonders schwierigen Fall zu tun und Ihr Arbeitnehmer kommt trotz Urlaub zur Arbeit, kann das grundsätzlich eine Abmahnung rechtfertigen.

Erfahren Sie, dass die Person im Urlaub eine andere Tätigkeit gegen Entgelt ausübt, ist das ein Verstoß gegen das BUrlG und kann auch mit einer Abmahnung beantwortet werden. Bei Wiederholung kann sogar eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Spezialisiert auf New Work und die Digitalisierung der HR-Welt schreibe ich gern News und Tipps für alle Personaler:innen.

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